cloud computing| Performance | intermediale Installation | 2011
„Cloud Computing“ ist der Begriff für die Bereitstellung von Software- und Hardwarediensten, die es möglich machen, von überall auf Daten zuzugreifen. Diese Technologie wird zukünftig unser Leben bestimmen: Wir werden uns zunehmend von einem festen Computer verabschieden und mobil auf alles Wissen zugreifen können. Damit einher geht allerdings auch eine ungeheure Energieverschwendung. Während die Befürworter des „Cloud Computing“ von der technischen und personellen Effizienz der externen Systeme träumen, lassen sich die Nutzer von der Geschwindigkeit ihrer Entwicklung und der Idee einer permanenten Verfügbarkeit mitreißen. Feuerartig breiten sich die neuen Netzwerke und die mobil nutzbaren Werkzeuge aus. Das Künstlerduo sternmorgenstern baute aus Dachlatten eine Art Gerüst, das sich wie ein digitales Raster zu einer Skulptur aufbäumt und an das Kirchengebäude „andockt“, ein fremdes Wesen, das sich dem sakralen Bau vorsichtig und ohne Aggression nähert, lediglich bildhaft dessen Dominanz in Frage stellt. Waren früher die Kirchen Orte des Wissens, die Klöster die Bewahrer von Geschichte und Schrifttum und die christliche Bildwelt Quelle des visuellen Gedächtnisses, erobert nun die Digitalisierung alle Lebensaspekte. Die Künstler haben improvisierend auf die Gegebenheiten in situ reagiert: Die Latten sind zwar zu gleichschenkligen Dreiecken gefügt, allerdings nicht bündig montiert. Die Konstruktion diente sternmorgenstern gleichzeitig als Gerüst, so dass keine weiteren Hilfsmittel notwendig waren, und sie nach eigenem Bekunden durch die erlebten ungewöhnlichen Standorte ein Gefühl der „Erhabenheit“ erfuhren. Die „Armut“ und Zeichenhaftigkeit des Materials behaupten sich in seiner Leichtigkeit und Wandelbarkeit gegen die Solidität des sakralen Baus, gegen das Haus, das für die Geordnetheit des liturgischen Vollzugs steht. So vermittelt sich die Konstruktion in einem ungeordneten Wachsen, das von sternmorgenstern in einem „Stop-Motion-Film“ festgehalten wurde, der seinerseits aus einer Datencloud bezogen auf ihrer Homepage betrachtet werden kann. Dort sind die Künstler beim Aufbau zu sehen, uniformiert in weißen Hemden und schwarzen Hosen als symbiotisch arbeitende Kollaborateure, die den handwerklich bestimmten Vorgang des Konstruierens zu einer künstlerischen Performance werden lassen.
Isa Bickmann, Frankfurt am Main
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